Zugang bleibt verwehrt

Erklärung der Dissent – Medienwerkstatt Darmstadt vom 4. November 2008, nachdem die hessische Landesmedienanstalt Radar „durchgewunken“ und die Lizenz für weitere vier Jahre bestätigt hat, obwohl die Zugangsoffenheit erkennbar nicht gegeben war.

Die Versammlung der LPR Hessen hat auf ihrer Sitzung am 3. November 2008 die Lizenz des Radar e.V. für das Betreiben des nichtkommerziellen Lokalradios (NKL) in Darmstadt um vier Jahre bis Ende 2012 verlängert.

Die Dissent – Medienwerkstatt Darmstadt ist über diese Entscheidung verwundert: Wie kann die Versammlung der LPR Hessen schon Anfang November wissen, dass die Zugangsoffenheit bei Radio Darmstadt Ende November gegeben sein wird, wenn die Zugangsoffenheit Anfang November ganz offensichtlich nicht gegeben ist?

Die Versammlung der LPR Hessen sieht dies offenbar anders und verfügt einfach, dass die Hausverbote, die gegen drei unserer Vereinsmitglieder und zahlreiche weitere Menschen bestehen, keine Einschränkung der Zugangsoffenheit bedeuteten. Hier tut sich ein Widerspruch auf: Wenn die Versammlung der LPR Hessen, wie in der Pressemitteilung angegeben, die Lage detailliert geprüft hat, kann sie nicht zu einem solchen Schluss gekommen sein. Nur bei oberflächlicher Betrachtung der Situation, kann der Eindruck entstehen, dass unsere mit Hausverbot belegten Mitglieder „ja senden können“: Wir befinden uns in der fatalen Situation, dass wir im vergangenen Jahr mit jeder vorproduzierten Sendung scheinbar bewiesen haben, dass „es ja geht“, dabei wurde nur immer offensichtlicher, dass die Situation einfach nicht zumutbar ist.
Faktisch bedeuten die Hausverbote ein Verbot des Radiomachens für die persönlich betroffenen Menschen. Mittelbar bedeuten sie auch eine Einschränkung des Zugangs für zahlreiche weitere Darmstädterinnen und Darmstädter.

Wir sind entsetzt, dass die Versammlung der LPR Hessen einfach alle formalen und rechtlichen Mittel aus der Hand gibt, mit denen Radar vielleicht gezwungen werden könnte, sich an die Vorgaben des HPRG und der Lizenz zu halten.

Wenn wir vor einem Jahr noch die Hoffnung formulieren konnten, dass die Zeiten, in denen Radar den Zugang zum Lokalradio für missliebige Personen willkürlich einschränken konnte, endgültig der Vergangenheit angehören dürften, wird nun Radar in seinem Betonkurs bestätigt. Die Entscheidung der LPR Hessen signalisiert den Trägervereinen der Lokalradios, dass sie willkürlich kritische Positionen vom Radio fernhalten können, ohne mit Sanktionen rechnen zu müssen. Die Entscheidung ist ein Schlag ins Gesicht aller Freier Radios in der ganzen Republik.

Im Zuge der Lizenzentscheidung war zu hören, dass die Versammlung der LPR Hessen in Darmstadt ein „breiter aufgestelltes“ Lokalradio wollte und deswegen Radar die Lizenz verlängert hat. Hieran ist zu sehen, dass die Beschlussgremien der LPR Hessen nach zwölf Jahren NKL den Gegenstand ihrer Entscheidungen immer noch nicht begriffen haben. Laut HPRG ist die Zulassung solchen juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Vereinigungen des Privatrechts zu erteilen, „[…] die rechtlich die Gewähr dafür biete[n], dass sie unterschiedlichen gesellschaftlichen Kräften Einfluss auf die Programmgestaltung, insbesondere durch Zubilligung von Sendezeiten für selbstgestaltete Programmbeiträge, einräum[en].“

Was soll das sein, „rechtlich die Gewähr dafür [zu] bieten“? Sind schöne Worte in Satzung, Redaktionsstatut und Lizenz ausreichend, wenn erwiesen ist, dass der Verein seine eigenen Regelungen immer wieder mit Füßen tritt?

Wir meinen, dass sich die Breite der im Programm vertretenen gesellschaftlichen Kräfte nicht an der Größe des Trägervereins festmacht, sondern an den Möglichkeiten der Teilhabe und des Zugangs für unterschiedliche gesellschaftliche Kräfte und Gruppen, gleichgütig ob diese Vereinsmitglieder sind oder nicht. Hier hapert es ganz entschieden beim Radar e.V., der immer noch meint, den Zugang zum Radio ganz exklusiv den Vereinsmitgliedern vorbehalten zu können.

Kategorie: Textwerkstatt | veröffentlicht am 4. 11. 2008